Die Feder »tanzt«

Freundin Magazin 2024/12
Ein wunderbar geschriebender Artikel von der Journalistin Barbara Esser. Fünf Geschichten, Einblicke über das besondere Handwerk und Können von fünf Frauen von Hamburg bis München. Sie besuchte mich in meinem Atelier, interviewte mich, fotographierte mich und meine Gasthündin Wilma. Ich zog eine Arbeit nach der anderen raus, wir sassen am Tisch, am Boden, zwischen feinen Kalligraphien und groben Pinselarbeiten, umringt von Werkzeugen und Tuschen.

Danke liebe Barbara für deine so wundervoll geschriebenen Zeilen und auch das Foto mit Wilma!

Noch ein paar Gedanken:
Ich liebe es über meine Arbeit zu erzählen und hoffe, damit andere und besonders auch junge Menschen zum Schreiben zu motivieren. Und auch zu zeigen, dass moderne Schriftkunst so viel mehr ist. Meistens kennt man die klassische Kalligraphie oder im größten Kontrast Graphiti. Gerade letztere Schriftkünstler haben ein tiefes Können, meist von Frakturen. Beides hat seine Faszination und ist grossartig. Und doch gibt es noch viel mehr Raum bei Schriften. Schrift ist ein Selbstausdruck und darf unbedingt einen persönlichen Stil haben.

Da ich die klassichen Schriften, wie Copperplate, Spencerian, Humanistische und gebrochene Schriften schreiben kann, habe ich einen riesigen Schatz an Buchstabenformen. In diese kann ich eintauchen und spüren, welche Formen zu mir sprechen. Welche zu mir passen.

So sind die einen mehr verspielter und lieben Schnörkel, andere lieben Grafiti, Buntes und schreiben, sprühen, frei, illegal – eine Philosophie für sich. Eine eigene Welt.

Ich liebe Kalligraphie mit der Spitzfeder. Ich beherrsche die eleganten klassischen Formen, schreibe sie sehr gerne und doch fühlt es sich stimmiger an, wenn ich meinen eigenen Strich hineinbringe. Wenn in meinen Buchstaben der Hauch meiner Persönlichkeit mitschwingt. Etwas leicht kantiges. Nicht ganz gefällig. Unnachahmbar. Mein Stil. Und dieser gefällt meinen Kunden und Kundinnen. … Ich bin nicht schnörkelig. Schwungvoll, ja. Kraftvoll im Feinen.

Diese Konzentration beim Schriftschreiben ist für mich Meditation. Eine Poesie in Tiefschwarz.

Und dann brauche ich diesen Momente der Kontraste. Das Wilde, Zufällige, Experimentelle, eben garnicht geplant. Schnell mit fetter Tusche geschrieben, ein Tanz, ein Rhythmus auf der Fläche. Bilder entstehen. Schriftbilder. Lesbar. Unlesbar. Überraschend. Kunstvoll. Frei. Diese Bilder müssen nicht gefallen. Sie dürfen sein. Sie sprechen für sich … oder einfach nur für mich.